Archiv Ladislava Hejdánka | Kartotéka

Zde najdete digitalizovanou podobu Hejdánkovy originální kartotéky. Její celkový objem čítá mnoho tisíc lístků. Zveřejňujeme je po částech, jak je zvládáme zpracovávat. V tuto chvíli máme zpracované to, co prof. Hejdánek sám vypracoval elektronicky. Zbývá ovšem mnoho práce na papírových kartičkách. Kromě Hejdánkových výpisků z četby obsahuje kartotéka také jeho vlastní myšlenkovou práci z posledních let, kterou nejde dohledat jinde.


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záznamů: 9

Jazyk (mluva)

Eugen Rosenstock-Huessy (1955)
In dieser Geschichte kommt das Dilemma unserer Zeit zum Ausdruck. …
Wir stehen vor einer sprachlich armen Zukunft. In dieser neuen Gesellschaft wird weder die Redegewandtheit von /26/ Daniel Webster noch von Philipps Brooks, weder von St. Paul noch von Shakespeare von den Massen gehört werden. Die Wellenlänge, auf der Menschen heute hören oder sprechen, hat auf „Infra-Eloquenz“ gewechselt, in einen leicht hingeworfenen Stil wie „Mir doch gleich“ und „Du kannst mich mal“. Wenn das die Zukunft ist, hat das Christentum keine Zukunft. Denn der Fluß lebendiger Rede ist das Zeichen lebendiger Christen. Er macht Pfingsten gegewärtig mit seinem Geschenk der Zeugen oder er hat aufgehört zu fließen.
(3651, Des Christen Zukunft, München 1956, S. 25-6.)
vznik lístku: leden 2000

Budoucnost

Eugen Rosenstock-Huessy (1955)
Ich habe großen Respekt vor dem eschatologischen Sehnen, das sich in diesen Bewegungen regt, genau wie ich aus der Liturgie der alten katholischen Kirche zu atmen trachte. Wenn ich also zwischen Bultmann und Karl Barth einerseits und den pfingstlichen Sekten andrerseits zu wählen gezwungen wäre, so müßte ich die Ernsten Bibelforscher oder die Latter Day Saints wählen. Die Heilsarmee ist christlicher als die Theologie seit Overbecks „Christlichkeit“.
Aber so tief sind wir doch wohl noch nicht gesunken. Noch gehört doch wohl der Weltuntergang zum rechten Glauben, und das Leben im neuen Aeon auch. Aber ist es meine Sache, mit diesem Buche in eine Zeit hineinzureden, die Religion mit Theologie und Christentum mit Religion verwechselt? … Hiermit spricht er mich frei; denn Glauben ohne theologische Fassung, das ist immer der einzige Glaube, der /22/ Zukunft hat. Alle Theologie ist vergangen. Wenn dies ein OKR versteht und druckt, in einem Kirchenblatte druckt, dann kann also doch vielleicht unser Glaube von unserer Theologie gereinit werden? Lassen wir es darauf ankommen, nämlich auf die Zukunft..
(3651, Des Christen Zukunft, München 1956, S. 21-22.)
vznik lístku: leden 2000

Budoucnost

Eugen Rosenstock-Huessy (1955)
Es ist also DES CHRISTEN ZUKUNFT nur jenes Minimum orthodoxer Übereinstimmung, ohne die wir als Laien heute nicht Christen zu sein vermögen. Natürlich belehrt mich ein Blick in die theologische Literatur, daß trotz Friedrich Nietzsche, Johannes Weiß und Albert Schweitzer die Eschatologie, das Wirken aus der Zukunft, heutzutage weitgehend ein Sondergut der pfingstlichen Sekten, der Mormonen, der Ernsten Bibelforscher und ihrer zahlreichen Vettern im Sektenschwarm geworden ist.
Ich habe großen Respekt vor dem eschatologischen Sehnen, das sich in diesen Bewegungen regt, genau wie ich aus der Liturgie der alten katholischen Kirche zu atmen trachte. Wenn ich also zwischen Bultmann und Karl Barth einerseits und den pfiungstlichen Sekten andrerseits zu wählen gezwungen wäre, so müßte ich die Ernsten Bibelforscher oder die Latter Day Saints wählen. Die Heilsarmee ist christlicher als die Theologie seit Overbecks „Christlichkeit“.
Aber so tief sind wir doch wohl noch nicht gesunken. Noch gehört doch wohl der Weltuntergang zum rechten Glauben, und das Leben im neuen Aeon auch. Aber ist es meine Sache, mit diesem Buche in eine Zeit hineinzureden, die Religion mit Theologie und Christentum mit Religion verwechselt? …
(3651, Des Christen Zukunft, München 1956, S. 21.)
vznik lístku: leden 2000

Pokrok | Budoucnost a pokrok

Eugen Rosenstock-Huessy (1955)
Fortschritt und Zukunft sind tatsächlich untrennbar, aber das Verhältnis ihrer Abhängigkeit ist gerade umgekehrt. Genau deswegen, weil das Christentum die Zukunft erschaffen hat, ist der Fortschritt die Gabe der christlichen Zeitrechnung.18 Und er verschwindet genau proportional zu unserer Entfernung von dieser Zeirechnung. … Was wäre denn z.B. aus der griechischen Wissenschaft und Philosophie geworden, wenn Rom einfach gestürzt wäre wie Babylon, ohne eine Kirche, um sie wieder aufzunehmen und ihre Wiedergeburt zu beginnen? War das nicht einer unserer Siege seit dem 12. Jahrhundert?
Die Idee des Fortschritts wurde nicht 1789 oder 1942 erfunden. Jesus versprach, daß seine Nachfolger Größeres vollbringen würden, als er getan hatte (Joh. 14, 12). Die Kirchenväter verteidigten den Fortschritt als die christliche Anschauung gegenüber dem heidnischen Glauben an Zyklen des Schicksals, bei denen das goldene Zeitalter in der Vergangenheit liegt; sie verkündigten die Auerstehung des Lebens und der Liebe nach und durch Leiden, wodurch Gott selbst Fortschritt in den Herzen der Gläubigen macht.19 Im Zwölften Jahrhundert prophezeite Joachim von Fiore für das folgende Jahrhundert sichtbaren, irdischen Fortschritt über die Kirche hinaus, und damit proklamierte er alle sozialen Reformen und Revolutionen unseres eigenen Jahrhunderts.20 Aber seine Konzeption des Fortschritts über die Kirche hinaus war abhängig von dem Dasein der Kirche, weil sie nur mit dieser gegeben war, und dadurch blieb seine Einstellung christlich.21 Jeder Rückschritt oder Zyklus des Großen Jahres wurde ausdrücklich im Mittelalter bekämpft.22 Die betont moderne Fortschrittsidee ist kaum älter als das 18. Jahrhundert, als ein Mann wie Condorcet, in seinem „Les progrès de l´esprit humain“,23 sich löste von den vorausgehenden Jahrhunderten religiöser Kontinuität und ein außergöttliches Humanitätsideal aufstellte.24 …
(3651, Des Christen Zukunft, München 1956, S. 118-9.)
vznik lístku: leden 2000

Pravda | Wahrheit

Søren Kierkegaard ()
Wieweit kann die Wahrheit gelehrt werden? Mit dieser Frage wollen wir beginnen. Dies war eine sokratische Frage oder wurde es durch die sokratische Frage: Wieweit kann die Tugend gelehrt werden? … /
In dieser Hinsicht zeigt es sich, mit welcher wunderbaren Konsequenz Sokrates sich selber treu blieb und künstlerisch verwirklichkte, was er verstanden hatte. Er war und blieb Hebamme; nicht weil er "das Positive nicht hatte"*, sondern weil er einsah, daß jenes verhältnis das höchste ist, welches ein Mensch zum anderen einnehmen kann. Und darin behält er ja für alle Ewigkeit. Denn selbst wenn je ein göttlicher Ausgangspunkt gegeben wäre, von Mensch zu Mensch bleibt dies das wahre Verhältnis, wenn man auf das Absolute hinschaut und nicht mit dem Zufälligen schäkert, sondern von Herzensgrund darauf verzichtet, die Halbheit zu verstehen, die die Lust der Menschen und das Geheimnis des Systems zu sein scheint. Dagegen war Sokrates eine von Gott selbst geprüfte Hebamme, das Werk, das er vollbrachte, war ein göttlicher Auftrag (vgl. Platos Apologie); mochte er auch den Menschen als Sonderling vorkommen (ATOPÓTATOS, Platos Theätet § 149), und es hatte einen göttlichen Sinn, was Sokrates auch verstand, daß der Gott ihm verbot zu gebären (MAIEYESTHAI MÉ HO THEOS ANAGKADZEI, GENAN DE APEKÓLYSEN, Theätet § 150: Zu entbinden zwingt mich der Gott, das Gebären aber hat er mir versagt); denn zwischen Mensch und Mensch ist das MAIEYESTHAI [Entbinden], das Gebären kommt allein dem Gott zu.
Sokratisch gesehen ist jeder Ausgangspunkt in der Zeit sowieso etwas Zufälliges, Verschwindendes, ein bloßer Anlaß; mehr ist der Lehrer auch nicht, und gibt er sich und sein Wissen auf eine andere Weise hin, dan gibt er nicht, sondern nimmt …/ … Nach sokratischer Anschauung ist jeder Mensch sich selbst das Zentrale, und die ganze Welt zentralisiert sich nur auf ihn hin, denn seine Selbsterkenntnis ist eine Gotteserkenntnis. So verstand Sokrates sich selbst, so mußte nach seiner Anschauung…
…So verstand Sokrates sich selbst, so mußte nach seiner Anschauung jeder Mensch sich selbst verstehen, und kraft dessen mußte er sein Verhältnis zum Einzelnen verstehen, allezeit gleich demütig und gleich stolz. Dazu hatte Sokrates Mut und Besonnenheit, sich selbst genug zu sein, aber auch im Verhältnis zu anderen nur der Anlaß zu sein, selbst für den dümmsten Menschen. Oh, seltene Großherzigkeit, selten in unserer Zeit …
Verhält es sich so damit, die Wahrheit lehrend zu lernen, dann kann die Tatsache, daß ich von Sokrates oder Prodikos oder einem Dienstmädchen gelernt habe, mich nur historisch beschäftigen … Es kann mich auch nicht anders als historisch interessieren, daß die Lehre des Sokrates oder Prodikos die / und die war, denn die Wahrheit, in welcher ich ruhe, war in mir selbst und kam durch mich selbst ans Licht, und nicht einmal Sokrates vermochte sie mir zu geben … Mein Verhältnis zu Sokrates und Prodikos kann mich nicht beschäftigen im Hinblick auf meine ewige Seligkeit, denn diese ist retrograd gegeben im Besitze der Wahrheit, die ich von Anfang an hatte, ohne es zu wissen. … Denn der Endgedanke allen Fragens ist, daß der Befragte doch selbst die Wahrheit haben und sie durch sich selbst bekommen muß. Der zeitliche Ausgangspunkt ist ein Nichts; denn im selben Augenblick, da ich entdecke, daß ich von Ewigkeit an die Wahrheit gewußt habe, ohne es zu wissen, im selben Nu ist jener Augenblick im Ewigen verborgen, darin aufgenommen, so daß ich sozusagen ihn nicht einmal finden kann, selbst wenn ich ihn suchte, weil da kein Hier und Da ist, sondern nur ein ubique und nusquam [überall und nirgends].
Wenn sich dies nun anders verhalten soll, muß der Augenblick in der Zeit entscheidende Bedeutung haben, so daß ich ihn keinen Augenblick, weder in Zeit noch Ewigkeit, werde vergessen können, weil das Ewige, das vorher nicht war, in diesem Augenblick entstand. Unter dieser Voraussetzung laßt uns nun die Verhältnisse betrachten mit Rücksicht auf die Frage, wieweit die Wahrheit gelehrt werden kann.
(6926, Philosophische Brocken, Frankfurt a.M. 1984, S. 12-15.)
vznik lístku: červenec 2001