In 10 Jahren Sieg. Geheimtreffen polnischer und tschechischer Dissidenten
| raw | skeny ◆ rozhovor, německy, vznik: 1979 ◆ poznámka: přeloženo z původního vydání v polštině (Informationsbulletin Nr. 23 des KOR, Warschau, 11. 9. 1978)
  • in: Neues Forum 26, 1979, č. 305–306, str. 45–48 (květen–červen)

Strojový, zatím neredigovaný přepis

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Voll beschäftigung Soziale Sicherheit Humane Umwelt im Betrieb ÖGB Wir sichern den Fortschritt ANZEIGE 5.internationale = dissidenten FORVM wennsch eini ös44 dm/sfr 6,50 heft 305/306 mai juni 1979 fallsch bisch hin aus BRUCKMANN SONNE LACHT t

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80 12 Befremden. Belustigung. Herzmanovsky. Provinzialität. Privilegien Pfründen Pöstchen. Zensur durch Meinungsterror. Machtträger Nachtwächter. (T)aus mit der Kultur? In solchen Zeiten muß man. Das fällt nicht schwer. Er.*) favel Mulia Adoel пиша Paul Blaha C Peter Henisch my yest paka Alfred Hrdlička 7 enter Gert Jonke Gerhard Roth Frees *) Hiezu erreichte uns folgender Brief: Georg Danzer Wien Adolf Frohner торому неорги пить Скандина 叫 M Topsy Küppers Fritz Muliar Gerhand Re Befremden. Kaum Belustigung. Namen Privilegierter aus Kunst und Kultur auf Listen zur Erhaltung von Macht. Wer?! Gott?! Dann schon gar nicht. Wählen werde ich ihn (als Staatsbürger). Taufscheinsozialismus. Derselbe Mief. In solchen Zeiten muß man ... nicht den ohnehin schon Mächtigen noch in den Arsch kriechen. Das fällt nicht schwer ... wenn man es sich nicht leicht macht. Er. "Seter henisch Aber meine Unterschrift als Künstler gebe ich nur dort, wo es darum geht, Schwache zu stützen (z. B. Amnesty), nicht dort, wo sie Starke in ihrer Stärke bestätigt. Hochachtungsvoll Georg Danzer Christive Nöstlinger Christine Nöstlinger Brighe Schwaiger Ли Brigitte Schwaiger you 16 HEFT 305/306 Nenning legt den Finger auf eine alte Wunde der SPO: Sie bringt in den Medien nix zsamm und ist deshalb leicht grantig auf sie Schulreform am Papier gut und schön – aber wenn sich von unten her nichts rührt, helfen alle Reformen von oben nichts: der reaktionäre Mittelbau würgt alles ab wwwww In Österreich gibt's mehr Sonne, als man glaubt. Es fängt sie nur niemand ein 201 Elisabeth Kmölniger FORUM DES FORVMS MEDIEN Nenning-Kreisky- 12 Die Partei hat kein Organ. Diskussion 483 Hoffmann-Ostenhof KOR (Arbeiterverteidigungskomitee) WAHLEN FORVM- 16 Jetzt jetzt hhh …… Dokumentation Miklos Haraszti 34 Georg 35 ITALIEN Ilmuth G. Haasis 19 SCHULE Michael Kreiss/ 22 N. N. 24 ALTERNATIVEN Gerhart Bruckmann 28 Havel/Hejdanek/Kubi- 45 sova/Landovsky/Uhl Personalia 46 Heidi Pataki friederike pezold 4 Unglaubliche Sauerei. Comic strip 5 LITERATUR: Eberhard Haidegger Dario Fo/Franca Rame ingrid strobl OSTOPPOSITION: SCHWEIK AUF REISEN In Ungarn ist es noch Gold. Interview Wenn ihr's drückt, wird sich's erheben. Dissidentenpanorama Wenn wir die Regierung wären. Aktionsprogramm der polnischen Opposition 43 Wähle ein Weib. Ostwitze Wolfgang Linser Friedrich Geyrhofer gerhard rühm Michael Siegert Albert Lörken Alfred Paul Schmidt 40 Peter Paul Zahl FILM 50 MAI/JUNI 1979 54 58 60 Ofner. Gratt. Keplinger. Schleyer in Klagenfurt. Brandes. Videothek. TAZ täglich 66 70 Kassbach-Film von Zenker & Patzak amoklaufen mit dem wadelbeißer. die filmproduktion von toilette Dichten&Richten 73 74 SPÖ-Parteitag in Linz, 2./3. März 1978 77 78 Wahlprosa der Wiener Linksradikalen 83 XXVI. JAHR Zeichen an der Wand. Mauermalerei in Sardinien Unter Aufsicht. Schulreform auf Grundeis Der Direktor und seine Leute waren zu allem fähig Sonne lacht. Wie wir unsere Energieprobleme lösen können 57 Die Burenwurst im Wandel der Zeiten. Streifzug durch Wien Verflucht! Nur Kinder, Küche, Kirche In 10 Jahren Sieg. Geheimtreffen polnischer und tschechischer Dissidenten Nach Normalisierung hervorgeragt ( Kottan verkrüppelt. Die Ostopposition internationalisiert sich: Polen, Tschechoslowakei, Ungarn... Die Bürokraten kriegen's mit der Angst. Die Dissidenten werden selbstbewußter. Die westliche Linke sollte endlich ihre Berührungsangst ablegen! Bazed ach trendbewußte junge frau zur neuesten philosophie des feminismus Der Jogi im Waldviertel Zeit für ein Gedicht. Das jüngste Kapitel österreichischer Literaturgeschichte brief an staberl/gedicht Gesetzestreue Dichter. Henisch, Pevny, Turrini vor Gericht Flucht ins Paradies. Gedichte Drahtloser Unfug. Skizzen großstädtischer Gehirntopologie Kraftfußball ohne Niveau. Aus der Südkurve Caro Tendenzwende? Ein neues Klima der Beschimpfung und gerichtlichen Verfolgung von Kunst macht sich auf Österreich breit. Es geht natürlich immer nur um das Wort Arsch, das 12jährige nicht hören dürfen

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€ 44 für die Wiederbelebung des kulturellen Lebens. Es ist nicht viel, aber es reicht aus, um zu zeigen, daß unabhängiges, organisiertes, wirksames gesellschaftliches Handeln 1 Es ist unerläßlich, daß über die gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage des Landes eine möglichst weite Diskussion geführt wird. Sie wird nicht von den herrschenden Kreisen begonnen werden, sondern: III. Aufruf zur Selbstorganisation Das in den letzten Jahren wiedererstandene eigenverantwortliche gesellschaftliche Handeln besteht in der Organisation einer echten öffentlichen Meinung, der Verteidigung gegen Repression, der Formulierung von realistischen Forderungen der Gesellschaft und in der Durchbrechung des staatlichen Monopols in der Informationsverbreitung. Jeder kann sich beteiligen. ihre wirklichen Vertreter wählen. Alle Bürger, die Mitglieder der Gewerkschaften oder der ihnen entsprechenden landwirtschaftlichen Produzentenvereinigungen sind, haben die Möglichkeit, ihre wirklichen Vertreter auf allen Ebenen der Gewerkschaft zu wählen und ein Programm zur Verteidigung der Arbeiterinteressen aufzustellen. Zum Beispiel könnten die Bergarbeiter, die vergeblich darauf warten, daß die Zwangsschichten am Sonntag oder der zwölfstündige Arbeitstag abgeschafft wird, dies zu einer Forderung bei den Gewerkschaftswahlen machen und nur die Kandidaten wählen, die sich verpflichten, für die Verwirklichung dieser Forderungen zu kämpfen. Die Bürger, die nicht die Möglichkeit haben, durch die meist kompromittierten offiziellen Organisationen zu handeln, können dazu aufrufen, neue zu gründen, so wie die Bauern in den Regionen von Lublin und Grójec, die ,,Komitees für die Selbstverteidigung der Bauern" schufen, um ihre Interessen zu verteidigen. Derartige Handlungen sind in allen gesellschaftlichen Bereichen. möglich. a) Jeder Bürger kann und sollte auf öffentlichen Versammlungen seine Stimme erheben, Tatsachen vorbringen, die ihm bekannt sind, und darauf bestehen, Informationen von den Herrschenden zu erhalten, Forderungen aufstellen und sie der Versammlung zur Behandlung unterbreiten. Auf diese Weise haben in diesem Sommer die Arbeiter einiger Fabriken die Bezahlung eines Durchschnittslohnes für die Zeit durchgesetzt, in der die Fabrik wegen Fehlern des Managements stillstand. Auf diese Weise führte die polnische Gesellschaft 1956 eine landesweite Diskussion und zwang die herrschenden Kreise, weitreichende Zugeständnisse zu machen. b) Jeder Bürger kann und sollte die Menschen in Diskussionen über die Lebens- und Arbeitsbedingungen und über die wirtschaftliche und politische Lage des Landes einbeziehen, mit denen er zusammenarbeitet und -lebt. Diese Diskussionen sollten zur Aufstellung von echten Forderungen führen, die Veränderungen am Arbeitsplatz betreffen, und Aktivitäten im Rahmen eines Programms zur Verbesserung des Staatswesen initiieren. Sie sollten auch der Anfang von Aktivitäten im Rahmen der bestehenden offiziellen Strukturen sein, aber auch darüber hinaus gehen. c) Jeder Bürger kann und soll daran teilnehmen, das Informationsmonopol des Staates zu brechen. Er kann zum Beispiel unabhängige Zeitungen verbreiten und unabhängige Institutionen über die Probleme informieren, die seine unmittelbare Umgebung betreffen, über seine Forderungen und Bedürfnisse. Osteuropa Es ist unerläßlich, sich zu organisieren, um seine Rechte zu verteidigen. Nur Menschen, die organisiert sind, können 2 möglich ist. Je größer die unabhängigen Organisationen sind, um so geringer ist die Gefahr, daß ihre Mitglieder Repressalien ausgesetzt werden, und um so wirkungsvoller werden ihre Aktivitäten sein. 3 Es ist immer einfacher, organisiert zu kämpfen. Jeder Streik, jede gemeinsame Petition von Fabrikbelegschaften oder Dorfbewohnern wird erfolgreich sein, wenn wir solidarisch und diszipliniert handeln. Dies ist besonders für die Zeit wichtig, wenn Anwendung von Gewalt durch die herrschenden Kreise Entrüstung, Zorn und Verzweiflung hervorruft. Die Menschen, die am gemeinsamen Kampf teilnehmen, sollten mit noch größerer Bestimmtheit verteidigt werden als die Forderungen, die erhoben werden. Ohne Organisierung und ohne Solidarität werden wir nichts erreichen. 4 Das ,,Internationale Abkommen über die Bürgerrechte und politischen Rechte" erklärt in Artikel 10: 1. Jeder Bürger hat das Recht, ohne Einschränkung seine eigene Meinung zu vertreten. 2. Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung frei auszudrücken; dieses Recht schließt die Freiheit ein, jede Information und jede Meinung ohne Rücksicht auf staatliche Grenzen mündlich, schriftlich oder gedruckt, in Form von Kunstwerken oder in anderer Weise, die er bestimmt, zu suchen, zu erhalten und zu verbreiten. Artikel 22: Jeder Bürger hat das Recht, sich mit anderen frei zu vereinen, einschließlich des Rechts, Gewerkschaften zu NEUES FORVM gründen und ihnen beizutreten, um seine Interessen zu vertreten. Dieses Abkommen wurde vom Staatsrat im März 1977 ratifiziert und ist geltendes Recht für alle. Sobald die polnische Gesellschaft in der Lage ist, sich in der Verteidigung ihrer Rechte zu organisieren, dann wird die Überwindung der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Krise beginnen. Der eigentliche Grund, weshalb unser Land diese Krise erlebt, liegt darin, daß die Bürger ihrer Rechte und der Staat seiner Souveränität beraubt wurde. Komitee für gesellschaftliche Selbstverteidigung/Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (KSS/KOR) Warschau, 10. Oktober 1978 ·? Anmerkungen 1 Nach den offiziellen Angaben aus dem Statistischen Jahrbuch für 1978 (Rocznik Statystyczny 1978) entwickelten sich die Preise wie folgt: Einzelhandelspreise im staatlichen Handel Konsumwaren (1970 = 100) Lebensmittel Nichtlebensmittel (Kleider, Möbel) Marktpreise für landwirtschaftliche Güter 1975 1977 103,5 112,7 113,0 125,2 136,9 180,7 2 Die in Anmerkung 1 unter Lebensmitteln im staatlichen Handel angegebene Stabilität der Preise für Fleischwaren und Fette ist offensichtlich manipuliert. Das geht aus dem starken Preisanstieg für diese Waren im privaten Handel hervor (s. Marktpreise für landwirtschaftliche Güter). Gegen die staatlichen Ziffern spricht auch der offiziell diskutierte Mangel in der Versorgung der polnischen Bevölkerung mit Fleischwaren 3 Die Zahl der Krankenhäuser ist von 673 im Jahr 1970 auf 672 im Jahr 1977 gesunken, die Zahl der zur Verfügung stehenden Betten dagegen im gleichen Zeitraum von 205.200 auf 232 300 gestiegen. In den gleichen Jahren wuchs die Bevölkerungszahl von 32,7 auf 34,9 Millionen: Das heißt, daß 1970 noch auf 159,3 Einwohner 1 Krankenhausbett entfiel, 1977 jedoch auf nur noch 150,2 Einwohner. Eine entsprechende Entwicklung ist auch bei den vom KSS/KOR angeführten Beispielen der Entbindungskliniken und psychiatrischen Kliniken festzustellen. 4 PGR Państwowe Gospodarstwo Rolne Landwirtschaftliches Staatsgut = 5 Siehe dazu auch den Bericht des KOR in ihrem ,,Informationsbulletin über aktuelle Ereignisse des öffentlichen Lebens" Nr. 8/Sondernummer (,,Radom Juni 1976") vom Februar 1977 6 GUKPPIW = die Zensurbehörde 7 Dazu aktuell ein umfangreicher Artikel vom Präsidenten der Obersten Kontrollkammer in Polen, Mieczyslaw Moczar, abgedruckt in der Zycie Literackie, auszugsweise in der Polityka vom 25. November 1978: .... in unserer Verwaltung, vor allem in der Wirtschaft, hat es sich leider eingebürgert, daß man mit ausgewählten Fakten, Beispielen und Zahlen jongliert. Besonders schädlich dabei ist, daß Vorgesetzten in verschiedenen Berichten und Statistiken oft falsche Angaben vorgelegt werden.' 8 PVAP = Polnische Vereinigte Arbeiterpartei MAI/JUNI 1979 Havel/Hejdanek/Uhl & Co. In 10 Jahren Sieg Osteuropa Geheimtreffen polnischer und tschechischer Dissidenten Die Internationalisierung der osteuropäischen Dissidentenbewegung hatte ihren spektakulärsten Höhepunkt in den Treffen zwischen Vertretern der Charta 77 und des polnischen Arbeiterverteidigungskomitees (KOR), die im Sommer 1978 begannen. Beim zweiten Treffen interviewten die KOR-Mitglieder Jan Litynski und Antoni Macierewicz die Charta-Leute über deren Ansichten und publizierten den Text am 11. September in Warschau im Informationsbulletin Nr. 23 des KOR. Wir bringen eine ungekürzte Übersetzung (Biographien siehe Kasten S. 47). Beim dritten dieser Treffen wurde am 1. Oktober 1978 der Charta-Sprecher Jaroslav Sabata verhaftet. Plastic People sind unpolitisch KOR: Charta 77 ist keine Organisation, keine politische Gruppe. Es ist ein Komitee für Menschenrechte. Wie kam die Charta zustande? HEJDANEK: Es begann mit dem Prozeß gegen die Musikgruppe,, Plastic People" im Frühling 1976. Einige Intellektuelle und ehemalige kommunistische Aktivisten, die nach 1968 aus der Partei ausgeschlossen worden waren, verständigten sich. Cerny, Kriegel, Mlynar, Patocka und Seifert schrieben einen gemeinsamen Protestbrief gegen die Prozesse. Das war die erste öffentliche Aktion seit der ,,Normalisierung". Natürlich gab es schon vorher Proteste aus dem Westen, zum Beispiel von Böll, Grass, Dürrenmatt. Im Lande selbst jedoch rührte sich nichts. HAVEL: Das war der erste Prozeß, wo es nicht um politische Aktivitäten ging, es wurden Leute ohne politische Vergangenheit angeklagt. In einem System wie dem unseren bedeutet es eine Krise, wenn das Regime gezwungen ist, sich mit nicht-politischen Oppositionellen auseinanderzusetzen. So auch in diesem Fall. Hier war es nicht eine Frage ideologischer Differenzen, das spielte früher eine Rolle. Da saßen junge Leute auf der Anklagebank, die wegen ihrer Art zu leben und wegen ihrer künstlerischen Arbeit verurteilt werden sollten. Diese Tatsache brachte ehemalige politische Aktivisten, Christen und Intellektuelle zusammen, führte sie zur gemeinsamen Protestaktion. Der Protest war erfolgreich. Im ersten Prozeß wurden die Leute zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, aber nach dem Protest wurden 23 von ihnen freigelassen und den übrigen wurde jeweils ein Jahr ihrer Haft nachgelassen. KOR: Es wurde also eine Verständigung zwischen schon bestehenden Gruppen und dem oppositionellen Milieu hergestellt. Stecken da tiefergehende gesellschaftliche Prozesse dahinter? HEJDANEK: Sicherlich. 1976 gab es eine 284 entscheidende Veränderung in der sozialen und geistigen Atmosphäre. Irgendwas war in der Gesellschaft aufgebrochen. Die ,,Plastic People" wirkten als Katalysator dieses Wandels. HAVEL: Nach den Jahren '68/'69 wurde die gesamte Gesellschaft von Apathie erfaßt. Die Leute wollten nichts mit irgendeiner Opposition zu tun haben. Sie wollten nicht einmal maschingeschriebene Romane lesen. Sie hatten Angst. Der Anfang der 70er Jahre war eine Zeit tiefster Depression. Aber dann wurden die Leute es plötzlich müde, müde zu sein und erwachten zu neuem Leben. In dieser Zeit entstand das jetzige Klima. Verschiedene isolierte Gruppen spürten das Bedürfnis nach gegenseitigem Kontakt, nach Einheit. Ein gemeinsames Bedürfnis, die Wahrheit auszusprechen, führte die Menschen zusammen. Dieser moralische Drang etablierte eine Ebene, auf der sich ideologisch dermaßen unterschiedliche Leute wie der Eurokommunist Mlynar, die Sängerin Kubisova und der Phänomenologe Patocka begegnen konnten. KOR: Ist die Initiative zur Bildung der Charta von einer bestimmten Gruppe oder einem bestimmten Milieu ausgegangen? 1000 5024 Gesprächsteilnehmer an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze: Charta-77-Vertreter Vaclav Havel (oben). Charta-77-Sprecher Ladislav Hejdanek (links unten), KOR-Interviewer Antoni Macicrewicz (unten) M² STEL 2000 Nach Polen geschaut HAVEL: Es war eine gemeinsame Initiative von verschiedenen Personen. KOR: Die Idee zur Bildung der Charta nahm etwa zur gleichen Zeit Gestalt an, als in Polen die Arbeiter streikten und das Arbeiter-Verteidigungskomitee gebildet wurde. Welchen Einfluß hatten die Ereignisse in Polen auf die Situation in der Tschechoslowakei? UHL:Um das zu beantworten, muß man ins 68er-Jahr zurückgehen. Unsere Studentenbewegung war sowohl von den Warschauer März-Ereignissen wie vom Pariser Mai stark beeinflußt. Am Anfang - bis zur Intervention - war die Studentenbewegung in der Tschechoslowakei schwach und unorganisiert. Erst später wurde sie zur Massenbewegung. KOR: Und die Studentendemonstration beim Strahov-Studentenheim im Oktober 1967...? UHL:Natürlich gab es Manifestationen studentischer Unzufriedenheit. Aber sie waren spontan, unorganisiert. Erst nach dem März 1969 begann sich die Studentenbewegung zu organisieren. Der Einfluß der polnischen SHU

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46 Erfahrungen war besonders an der philosophischen Fakultät erkennbar. Viel später, im November 1968, war der große Studentenstreik in Prag nach dem Modell des Märzstreiks der polnischen Studenten geführt worden. Mir scheint auch, daß die [polnischen] Ereignisse des Dezember 1970 die Tschechen und Slowaken sehr stark beeinflußt haben. Es ist für mich schwer, darüber etwas Konkretes zu sagen, da ich damals im Gefängnis war. Was die Arbeiterstreiks im Juni 1976 oder die Bildung des ArbeiterVerteidigungskomitees (KOR) betrifft, so hatten wir praktisch keine Informationen über den Verlauf der polnischen Ereignisse. Wir wußten, daß das KOR gegründet worden war, aber das war auch schon alles. Als die Charta gegründet wurde, bedauerte ich, daß sie sich nicht mit so konkreten Angelegenheiten befaßte wie das KOR. HEJDANEK: Ich glaube, wir hatten damals den Eindruck, daß in Polen viel mehr erreicht werden könnte als bei uns. Das Entstehen des KOR hatte zweifellos große Bedeutung. Wegen der unterschiedlichen Tradition konnte das KOR kein Modell für unsere Aktivitäten werden. Die Tatsache, daß sich das KOR zunächst begrenzte Aufgaben stellte, spielte auch eine Rolle. Nachdem es in das ,,Soziale Selbstverteidigungs-Komitee" umgewandelt worden war und ein breiteres Aktionsfeld bekam, publizierten wir eine Auswahl von zehn KOR-Stellungnahmen. HAVEL: Für mich hatten die Juni-Ereignisse [1976 in Polen] und die Gründung des KOR eine große Bedeutung. Das KOR wurde für mich ein Aktionsprogramm. Ich glaube, daß die Bildung des KOR für all jene, die die Charta initiierten, eine große Rolle spielte. Ich weiß aber nicht, ob alle so empfinden. KOR: Es wird oft gesagt, daß die Opposition in der Tschechoslowakei einheitlicher ist als in Polen. Ist die Charta ideologisch einheitlich oder lassen sich verschiedene Strömungen unterscheiden? 4 oder 5 Strömungen der Charta HAVEL: Zunächst muß einmal betont werden, daß von den tausend Unterzeichnern sechshundert nicht politisch aktiv sind. Sie wollen Zeugnis ablegen, um in der Wahrheit zu leben. UHL: Denn nur die Wahrheit ist revolutionär. HAVEL:Wir können trotzdem von drei politischen Hauptströmungen sprechen. Als erstes Eurokommunisten. Das sind ehemalige Mitglieder der KPC, die den Ideen der spanischen und italienischen KP nahestehen. Zu dieser Strömung gehören Jiri Hajek, Jiri Dienstbier, Jaroslav Sabata und Frantisek Kriegel. Diese Leute stimmen zwar ideologisch überein, sie bilden aber auch keine homogene Gruppe. Man darf sie nicht mit ehemaligen Kommunisten verwechseln, die sich jetzt, je nach momentanem Standpunkt, in verschiedenen ideologischen Strömungen befinden. Osteuropa Als zweite Strömung würde ich die revolutionären Marxisten nennen, die die Idee der Arbeiterdemokratie vertreten, wie zum Beispiel Petr Uhl. Da handelt sich's vor allem um Junge, die nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem Prager Frühling stehen. Die dritte Strömung besteht aus den unabhängigen Sozialisten wie Jiri Müller, Rudolf Battek, Jaroslav Meznik. Sie vertreten sozialdemokratische Ideen und plädieren für ein parlamentarisches System. Es gibt auch noch andere Gruppen, die man aber nicht in politischen Termini definieren kann. Ich meine damit zunächst all jene, die sich aus christlichen Vorstellungen heraus in der Charta engagiert haben. Zum Charta-77-Linke Hana und Petr Uhl Beispiel Protestanten wie Ladislav Hejdanek, oder Katholiken wie Jiri Nemec und Vaclav Benda. Dann gibt es auch politisch unabhängige Intellektuelle, wie zum Beispiel Jiri Grusa, Pavel Kohout und Ludvik Vaculik. Ich selbst würde mich auch zu dieser letzten Gruppe rechnen. Eine große Rolle spielt auch die unpolitische Jugendbewegung, die ,,underground" genannt wird. Die Grenzen der Gruppen und Strömungen sind fließend. Diese Aufzählung der verschiedenen Strömungen ist sicher nicht vollständig, zum Beispiel kann man den Marxisten Frantisek Kriegel nur schwer in einer der genannten Kategorien unterbringen. Eines ist aber sicher: Es gibt unter uns keine Reaktionäre! KOR: Und wen würdet ihr als reaktionär bezeichnen? HEJDANEK: Ich würde all jene als reaktionär bezeichnen, die eine Lenkung der Gesellschaft von oben vertreten, die gegen die Idee der Selbstverwaltung sind und alle, denen eine kleine Elite von Reichen wichtiger ist als die übrige Gesellschaft. KOR: Soweit uns bekannt ist, wird die Charta hauptsächlich von Tschechen gebilNEUES FORVM det. Wie erklärt ihr die relativ geringe Teilnahme von Slowaken an der Charta? Slowaken sind anders JIRI: Das ist eine schwierige Frage. Die Charta hatte ihren Ausgangspunkt in Prag. In der Slowakei wurde sie kaum propagiert. Einigen Einfluß hat wahrscheinlich auch das traditionelle Mißtrauen der Slowaken gegen die Tschechen. Auch ein gewisser slowakischer Konservativismus wird da mitspielen. In der Slowakei gab es auch kaum Untergrundaktivität, die ja der natürliche Ausgangspunkt für die Charta war. LANDOVSKY: Ich glaube, die Tatsache, daß es in der Slowakei nur wenige ehemalige KP-Mitglieder gab, spielte auch eine gewisse Rolle. HAVEL: Die slowakische Gesellschaft ist weniger strukturiert, weil der Kampf um nationale Identität länger und härter war als bei den Tschechen. Deshalb bleibt die nationale Frage bis heute das Hauptproblem der Slowaken, der Kampf für demokratische Rechte kommt erst an zweiter Stelle. KOR: Die Charta 77 spricht vor allem von den Menschen- und Bürgerrechten, die eingehalten werden sollen. Beschränkt ihr euch bei euren Aktivitäten auf diese Ziele? HAVEL: Mir gefällt die Unterscheidung, die Hans Brock trifft. Er meint, es gibt zwei Arten gesellschaftlicher Organisationen. Da ist zunächst der Typus, der pragmatische Ziele verfolgt. Die Charta fällt in die zweite Kategorie. Sie hat keine Sofortziele, sie will nicht eine herrschende Clique durch eine andere ersetzen, aber sie strebt soziale Veränderung an. Die Charta ist deshalb keine klassische Opposition. KOR: Kann man das aber ohne politische Veränderung erreichen? HEJDANEK: Zunächst und vor allem haben unsere Aktionen moralischen Charakter. Unser Ausgangspunkt ist humanistisch. Unsere Ziele sind daher zuallererst humanitär und erst in zweiter Linie politisch. Veränderungen sollten mit moralischen Veränderungen beginnen, die politischen können dann folgen. Wir haben zahlreiche Beispiele, wo politische Veränderungen durchgeführt wurden, die auf eine unvorbereitete Gesellschaft trafen und deshalb unwirksam blieben. Wir wollen dies in der Zukunft vermeiden. KOR: Rechnet ihr mit einer politischen Veränderung in naher Zukunft? HEJDANEK: Ja, unsere Perspektive ist auf ein Jahrzehnt abgestellt. Rußland soll hergeben KOR: Wäre das eine Rückkehr des Prager Frühlings? HAVEL: Das genügt heute nicht. Selbst die Eurokommunisten sehen, daß die Reformen des Prager Frühlings ungenügend waren und daß man hätte weiter gehen sollen. Das ist z. B. die Position von Jaroslav Sabata. KOR: Nehmen wir an, eine Veränderung würde stattfinden. Würde die Charta eine der Gruppen in der KPC favorisieren? Nach Normalisierung hervorgeragt wenigen ZK-Mitglieder, die entschieden Personalien aus dem Schattenreich gegen sowjetische Okkupation auftraten. 1969 aus der Partei ausgeschlossen, war er Anfang der siebziger Jahre einer der führenden Köpfe der sich formierenden Sozialistischen Opposition. 1972 wegen ,,Subversion" zu 6½ Jahren Haft verurteilt. Nach fünf Jahren entlassen. Lagerarbeiter. Als ,,Charta 77"-Sprecher wurde er am 1. Oktober 1978 nach einem Treffen von Charta-Unterzeichnern mit polnischen Dissidenten des KOR (Arbeiterverteidigungskomitees) festgenommen und am 12. Januar 1979 wegen ,,Angriffs auf eine Amtsperson" zu 9 Monaten Haft verurteilt. Sabata wurde bei seiner Verhaftung von der Polizei geschlagen (nach Aussage seiner Freunde ist es ganz unwahrscheinJiri Grusa: Schriftsteller, im Frühsommer 1968 wegen seines Romans ,,Der Fragebogen" verhaftet. Das Buch erscheint jetzt in Deutsch. Jiri Hajek: Jahrgang 1913, in den dreißiger Jahren Funktionär der Sozialdemokratie, 1939-45 im deutschen Konzentrationslager, 1945-48 Funktionär der Sozialdemokratischen Partei, nach dem Zusammenschluß mit der KPC Professor für Geschichte und internationale Beziehungen. 1955-65 Diplomat, 1965-68 Minister für das Schulwesen, 1968 Außenminister, im August 1968 auf sowjetischen Druck seiner Funktionen enthoben, 1970 aus der Partei ausgeschlossen, 1977-78 Sprecher der ,,Charta 77". Vaclav Havel: Jahrgang 1908, tschechischer Schriftsteller und Dramatiker, war nie Mitglied der KPC. In den fünfziger Jahren durfte er wegen ,,schlechter Klassenherkunft" nicht studieren, schlug sich als Laborant und Bühnentechniker durch, schrieb in den sechziger Jahren Theaterstücke, welche die Absurdität der gesellschaftlichen Verhältnisse widerspiegeln. 1968 Vorsitzender des Klubs unabhängiger Schriftsteller. Seit 1969 ist sein Werk auf dem Index verbotener Literatur. 1977 Sprecher der ,,Charta 77". Jänner bis Mai 1977 wegen Weiterleitung von Literatur ins westliche Ausland in Haft. Ladislav Hejdancek: Evangelischer Chartasprecher 1978/79. Pavel Kohout: Jahrelang Parteimitglied und ,,Regime-Dichter". Am Schriftstellerkongreß 1967 aus der KPC ausgeschlossen. 1968 wieder aufgenommen und aufs ausgeschlossen. Sein neuestes Buch:,,Die Henkerin" (Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 1978). Derzeit führt Kohout Regie am Wiener Burgtheater. neue Franticek Kriegel: Jahrgang 1908, emigrierte aus Rußland in die Tschechoslowakei, seit den dreißiger Jahren Funktionär der KPC, 1936-1939 Arzt bei den Internationalen Brigaden während des Bürgerkriegs in Spanien, 1940-1945 als Arzt Teilnehmer am Bürgerkrieg in China, 1945-49 Sekretär des Bezirkskomitees der KPC in Prag, 1949-1952 stellvertretender Minister für Gesundheitswesen, seit 1953 als Arzt und Forscher tätig. 1960-63 Berater für Gesundheitswesen im revolutionären Kuba, 1966 Mitglied des ZK der KPC, 1968 Mitglied des Präsidiums sowie Vorsitzender der Nationalen Front. Im August 1968 weigert er sich im Kreml, das sogenannte Moskauer Protokoll zu unterzeichnen, und wurde auf sowjetischen Druck aller Funktionen enthoben (Kossigyn wollte ohne Kriegel verhandeln: ,,Mit diesem galizischen Juden spreche ich nicht!"). Als Abgeordneter stimmte Kriegel im Parlament gegen den Truppenstationierungsvertrag und wurde als erster Angehöriger der Dubcek-Führung 1969 aus der Partei ausgeschlossen. Nach 1970 pensioniert. Steht unter ständiger Bewachung durch den Staatssicherheitsdienst. Martha Kubisova: Populärste tschechische Chansonsängerin. Wegen eines Protestsongs 1968 Berufsverbot - bis heute. 1977 ,,Charta"-Sprecherin. Pavel Landovsky: Populärer Theater- und Filmschauspieler, in den siebziger Jahren mehrmals im Gefängnis, seit 11. Jänner 1979 in Wien, spielt gegenwärtig im Burgtheater unter der Regie von Pavel Kohout in Gogols ,,Revisor". 100 Jaroslav Sabata mit Frau (Jugendbild) Zdenek Mlynar: Jahrgang 1930, schloß sich in den ersten Nachkriegsjahren der KPC an. Der nach Trotzki ranghöchste kommunistische Parteifunktionär, der je aus dem sowjetischen Einflußbereich in den Westen emigrierte. 1951-55 Studium der Rechtswissenschaft in Moskau, 1955-56 Mitarbeiter der Generalprokuratur und 1959-63 wissenschaftlicher Sekretär des Staatsrechtsinstituts der Akademie der Wissenschaften in Prag, 1964-68 Sekretär der Rechtskommission beim ZK der KPC, 1968 ZK-Sekretär, im November 1969 zurückgetreten, anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter des Nationalmuseums. 1970 aus der Partei ausgeschlossen. Mitunterzeichner der ,,Charta 77". Emigrierte 1977 aus der CSSR und lebt seither in Wien. Jiri Müller: Der bekannteste Studentenführer während des Prager Frühlings, von 1972 bis Ende 1976 in Haft. Jaroslav Sabata: Jahrgang 1927, war seit seinem 21. Lebensjahr Mitglied der Kommunistischen Partei. In den sechziger Jahren Sozialpsychologe an der Universität Brno, 1968 Parteisekretär von Brno und in das ZK der KPC gewählt. Eines der $94 WA ar W 164 lich, daß er tätlich geworden sei - wie die Polizei behauptet). Eine Verlängerung seiner Strafe droht: Die Behörden könnten die bedingte Haftentlassung (1½ Jahre Strafrest) aufheben. Sabatas Herzleiden hat sich in der Haft verschlimmert. Petr Uhl: Jahrgang 1941,- Studentenführer 1968, Ingenieur. Einer der ersten politisch Verfolgten in der Phase der ,,Normalisierung". Im spektakulären ,,Trotzkistenprozeß" 1970 zu langjähriger Haft verurteilt. Anklagegrund: Gründung einer ,,Revolutionär-Sozialistischen Partei". 1977 Mitinitiator der ,,Charta 77". Mitbegründer des ,,Ausschusses für die Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten" (nach dem Vorbild des polnischen Arbeiterverteidigungskomitees KOR). Ludvik Vaculik: Schriftsteller und Journalist. Wegen einer Rede am Schriftstellerkongreß 1967 aus der Partei ausgeschlossen, 1968 wieder aufgenommen, 1969 wieder ausgeschlossen. Populärer Publizist des Prager Frühlings. Verfasser des ,,Manifests der 2000 Worte", das schon 1968 die Ziele der reformkommunistischen Führung in Frage stellte. Seine Veröffentlichungen stehen auf dem Index verbotener Bücher. 7.6

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Pavel Landovsky, beliebter tschechischer Schauspieler, jetzt am Wiener Burgtheater HEJDANEK: Nein, wir würden das fortsetzen, was wir heute machen. KOR: Bleiben wir bei der Zukunft. Glaubt ihr, werden die von der Sowjetunion unterjochten Nationen ihre Unabhängigkeit wiedererlangen? HEJDANEK: Ich bin überzeugt, daß die Zukunft nicht den Nationen gehört. Es sollte eine europäische Föderation errichtet werden, die aus Estland, Lettland, Litauen, Weißrußland, der Ukraine und auch Polen und der Tschechoslowakei besteht. KOR: Befürchten nicht diejenigen unter euch, die religiös sind, daß im Falle einer Änderung der politischen Situation die Eurokommunisten Feinde der Religion werden könnten? HEJDANEK: Mlynar würde am liebsten alle Erfolge der Charta als Sieg des Eurokommunismus präsentieren. Aber das ist ein politischer Irrtum: Die Eurokommunisten sind immer in der Defensive, wenn es Anderungen des Status quo gibt. Es besteht die Gefahr, daß die Leute verlangen werden, daß sich die Kommunisten aus der politischen Arena zurückziehen. Aber das wäre auf der anderen Seite auch nicht gut. Wir Nichtkommunisten möchten mit den Kommunisten kooperieren. Wir müssen unterscheiden können zwischen den verschiedenen Kommunisten und mit denen zusammenarbeiten, die sich wirklich für die Demokratie einsetzen. Nur die Kommunisten, die es aufgegeben haben, uns ihre Hegemonie aufzuzwingen, können unsere Partner sein. Unter demokratischen Bedingungen können die Kommunisten eine bestimmte Zeit an der Macht sein, aber danach müssen sie eine Partei unter anderen Parteien werden. Andernfalls werden sie von der politischen Bühne verschwinden. Jetzt bin ich frei.... KOR: Was hat euch dazu veranlaßt, Aktiozu setzen, die euch andauernd in nen Bill W Schwierigkeiten bringen? Ihr hättet doch die Möglichkeit gehabt, ruhig in euren Berufen weiterzu arbeiten. Marta Kubisova, Prags beliebteste Chanteuse, darf nicht auftreten Amic NEUES FORVM LANDOVSKY: Man will ehrlich sein, vor allem in der Arbeit. Als mein Beruf mir das unmöglich machte, hatte ich das Gefühl, daß ich etwas Unwirkliches mache. KUBISOVA: Ich sang Protestsongs, und die Leute hatten Vertrauen zu mir. Obwohl ich keine politische Erziehung genossen habe, konnte ich weiß und schwarz unterscheiden. Ich wollte keine Loyalitätserklärung unterschreiben. In den 70er-Jahren bereiste ich Westeuropa und da begriff ich, welche geistigen Deformationen meine Freunde in der Tschechoslowakei mitmachten. Ich wollte einfach frei sein. Ich hätte weiter Tourneen machen können, ich hatte zahlreiche Angebote, aber ich entschied mich, eine echte Vertreterin der Tschechen zu sein. Deshalb mache ich das, was ich jetzt tue. HAVEL: So wirst du Dissident. Du willst frei sein, du selbst sein, und so wirst du Dissident. KOR: Sind Sie frei? KUBISOVA:Ja, ich bin seit zehn Jahren frei ich bin immer frei gewesen. 12 942 Erfolge der letzten Jahre Die gute Wirtschaftspolitik der letzten Jahre schaffte die Voraussetzung für Erfolge in der Sozialpolitik: September 1974: Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Unfall für Arbeiter. 9.1 Jänner 1975: 40-Stunden-Woche. Jänner 1977: 4 Wochen Mindesturlaub. 5 Wochen Urlaub bereits nach 20 Dienstjahren. Vordienstzeiten werden angerechnet. MU Jänner 1977: Pflegefreistellung bei Erkrankung eines Familienangehörigen. u Jänner 1978: Im Falle eines Ausgleiches oder Konkurses erhalten Arbeitnehmer ihr Geld durch das Insolvenzentgeltsicherungsgesetz. 40 Die Familienbeihilfe wurde 10mal erhöht. 1970 betrug sie für 1 Kind S 200, 1979 beträgt sie S 910. Seit 1970 wurde die Lohnsteuer 4mal gesenkt. Ab Juli 1979 haben auch Arbeiter einen gesetzlichen Anspruch auf Abfertigung. * DOTATUD III 2 Gemeinsam mehr Erfolg Gemeinsam mehr Sicherheit Gewerkschaft II Metall- Bergbau - Energie YED www 9 I 2.0 M 24 S 7A Ś 24-10 T