961107-3
| docx | pdf | html ◆ myšlenkový deník – záznam, česky, vznik: 7. 11. 1996
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    Ich höre langsam auf, noch weiter geduldig zuzuhören, wie wir als „alte Veteranen“ gesehen werden. Ich bin hier ja wahrscheinlich der Älteste, ohne Zweifel, aber es fällt mir gar nicht ein, mich als Veteran zu fühlen. Schlicht und einfach, wenn uns unsere Gesellschaft ins Museum abschieben will, dann liegt es an uns, dagegen Widerstand zu leisten. Oft hat man darüber gesprochen, daß die Charta 77 in ihrem Programm ziemlich arm war. Es handelte sich eigentlich um keine Organisation, keine Bewegung – die Charta konnte und kann sich nicht bewegen, sie ist nur eine Position in zwei Punkten: Orientierung an Menschenrechten und Legalität. Gerade deswegen konnte und kann sie noch heute und hoffentlich auch in der Zunkunft eine Basis für ganz unterschiedlich orientierte Bürger, ja sogar Politiker, sein, so wie es möglich war in dem ersten Jahrzehnt ihrer Existenz. Und noch was: eine naturrechtliche Interpretation der Menschenrechte ist philosophisch falsch und unakzeptierbar. Wir haben jedoch noch keine andere breit akzeptierte Deutung zur Verfügung. So bleibt vor uns auch eine theoretische Aufgabe: den Gedanken der Menschenrechte neu und besser zu denken. Auch das hat inmitten unserer Aktivitäten schon vor zwanzig Jahren begonnen, und auch hier müssen wir weitergehen.

    (Beitrag zur Podiumsdiskussion, Berlin, Schloß Bellevue am 7.November 1996; in: 7781, – Dissidenten, Präsidenten und Gemüsehändler, Essen 1998, S. 266.)

    (Berlin, 961107-3.)